Stellungnahme: Referentenentwurf der Bundesregierung zur Vierten Änderungsverordnung zur Integrationskursverordnung

Stellungnahme des Verbands Deutscher Privatschulverbände e. V. (VDP) zum Referenten-entwurf der Bundesregierung zur Vierten Änderungsverordnung zur Integrationskursver-ordnung (IntV, Stand: 21.11.2022)

Der VDP e.V. ist die politische Interessenvertretung der freien Bildungsträger im Bereich der Allgemeinbildung, der beruflichen Bildung sowie der Weiterbildung und Qualifizierung. Der VDP vertritt bundesweit rund 2.500 Bildungsträger mit ca. 300.000 SchülerInnen. Mit seiner hohen Zahl an zugelassenen Integrationskursträgern beteiligt sich der VDP engagiert an den gesellschaftspolitisch wichtigen Integrationsleistungen für Zugewanderte, hier mit besonderem Schwerpunkt im Bereich des „Gesamtprogramms Sprache“ der Bundesregierung.

Vorbemerkung

Wir begrüßen die (teils notwendig gewordenen) Anpassungen der Integrationskursverordnung, mit dem Ziel, die Teilnehmenden zu fördern, die Qualität des Integrationskurses weiter zu stärken und Verfahren und Rahmenbedingungen des Integrationskurssystems zu verbessern. Wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme, die wir hiermit gerne nutzen.

Vorab erlauben wir uns diese beiden Hinweise:

1) Einige Inhalte der IntV berühren Bereiche, die ständigen Anpassungs- und Entwicklungsprozessen unterworfen sind. Solche Anpassungen sollten künftig in der IntV allgemeiner gehalten / ohne konkrete Werte formuliert werden, um diese bei Bedarf ggf. auf untergeordneter rechtlicher Ebene zu konkretisieren (ohne jedes Mal eine erneute und zeitaufwändige Änderungsverordnung der IntV notwendig zu machen).

2) Zahlreiche der vorgenommenen Änderungen in der IntV verfolgen das Ziel, die Qualität der Integrationskurse weiter zu fördern. Dieses ist zu begrüßen – das gilt ganz besonders dann, wenn die dadurch auch beeinflussten organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen zeitgleich mitentwickelt werden.

Im Einzelnen:


a) Artikel 1, § 4a, Absatz 3: Kursbegleitende Maßnahmen

Der VDP begrüßt die neu aufgenommene Möglichkeit des Bundesamts, „kursbegleitende Maßnahmen [zu] fördern, die eine nachhaltige Teilnahme am Integrationskurs unterstützen“.
Außerordentlich begrüßen würde der VDP, wenn dem Bundesamt so ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen werden, dass von dieser Möglichkeit dann auch nachhaltig Gebrauch gemacht werden wird. Das betrifft vor allem eine (überfällige) obligatorische Betreuung der Integrationskursteilnehmenden durch pädagogische Fachkräfte beim Träger, um die Zugewanderten in der schwierigen und herausfordernden ersten Phase des Ankommens und ersten Einfindens zu stabilisieren, zu unterstützen und fördernd zu begleiten. Im Sinne der als Ziel angeführten Steigerung der Qualität der Integrationskurse führt eine solche kontinuierliche Begleitung und Betreuung auch zur dringend notwendigen Entlastung der aktuell hiermit befassten Lehr- und Verwaltungskräfte, die sich dann auf ihre wichtigen eigentlichen Aufgaben konzentrieren könnten. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Begleitung und Betreuung haben mehrere Pilotphasen der „Lern- und Sozialbegleitung“ belegt.


b) Artikel 1, § 5, Absatz 3, Satz 3: Öffnung der Integrationskurse


Der VDP begrüßt die Öffnung der Integrationskurse für weitere Zielgruppen. Der akute Fachkräftemangel und zunehmende Arbeitskräftemangel in Deutschland machen eine ausgeweitete Zuwanderung und eine erhöhte Attraktivität des Standorts Deutschland umso wichtiger.
Zugleich unterstreicht diese richtige Ausweitung der Zugangsmöglichkeiten die Notwendigkeit eines entsprechend validen Integrationskurssystems – mit Chancen für die Zugewanderten, mit Perspektiven und einer entsprechenden finanziellen Ausstattung für die Träger und ihre Mitarbeitenden.


c) Artikel 1, § 5, Absatz 5, Satz 1: Wiederholungsmöglichkeit von max. 300 UE

Wir begrüßen neu formulierte Wiederholungsmöglichkeiten für Teilnehmende. Dabei ist auch die formulierte „2. Chance“ als Motiv sinnvoll. Allerdings geben wir zu bedenken, dass der Wegfall einer „ordnungsgemäßen Teilnahme“ als Voraussetzung für die Bewilligung einer
Wiederholung zeitgleich immer auch die Gefahr birgt, negative Auswirkungen auf andere Teilnehmende zu haben, die „ordnungsgemäß“ am Kurs teilnehmen.


d) Artikel 1, § 5, Absatz 5, Satz 3: Wiederholungsmöglichkeit von max. 300 UE

Wir begrüßen Wiederholungsmöglichkeiten für Teilnehmende, sobald deren erfolgreicher Ab-schluss des jeweiligen Kursabschnitts in Frage steht.
Wir begrüßen ausdrücklich die nun geschaffene Möglichkeit, „auf die Voraussetzung der er-folglosen Teilnahme am Sprachtest nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 vor Erteilung der Zulassung zur Wie-derholung zu verzichten.“ Diese Neuregelung ist effizient und pädagogisch sinnvoll, erspart sie doch dem Teilnehmenden in dieser Situation ein unnötiges negatives Lernerlebnis.


e) Artikel 1, § 7, Absatz 3: Zentrale Zusteuerung

Der VDP begrüßt Bestrebungen, einen schnelleren Kurseintritt von Teilnehmenden in den In-tegrationskurs zu ermöglichen, sieht aber hierfür die zentrale Zusteuerung in der pilotierten und geplanten Form als das falsche Mittel an.
Die Pilotierung, deren Evaluierungsergebnisse zumindest bislang nicht öffentlich sind, hat in der Praxis sehr unterschiedliche Ergebnisse erbracht – überwiegend aber nicht solche, die eine zentrale Zusteuerung in der geplanten Form rechtfertigten. Die im Referentenentwurf ge-wählten einschränkenden Formulierungen („Die Evaluierung des Projektes hat den Mehrwert eines solchen Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen bestätigt. Es soll daher in unterschiedlichen Ausprägungen bundesweit zum Einsatz kommen können.“) bestätigen dies.
Jede Zusteuerung greift in erheblichem Maße in den freien Markt der zugelassenen IK-Träger ein, normiert und reglementiert die Möglichkeiten von (privaten) Unternehmen im Bereich des Gesamtprogramms Sprache, unternehmerisch auf Angebot und Nachfrage angemessen reagieren zu können.

Speziell die Integrationskursträger haben in den letzten Jahren – in zahlreichen aufeinander-folgenden Krisen – bewiesen, wie sie (auch ohne Zusteuerung) auf erhebliche Mehrbedarfe reagieren können, wie zuletzt durch die Verdreifachung der Eintrittszahlen in Integrationskurse in 2022 nachdrücklich belegt.


Der VDP plädiert nachdrücklich dafür, der unternehmerischen Freiheit von Unternehmen im Bereich des Gesamtprogramms Sprache – auch im Interesse der Weiterentwicklung der Angebote – ausreichenden Raum zu lassen.

f) Artikel 1, § 9, Absätze 1 und 2: Kostenbeitrag


Der VDP begrüßt die erweiterten Möglichkeiten, bestimmte Gruppen von Teilnehmenden am Integrationskurs von der Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrags zu befreien.


Der VDP weist darauf hin, dass – infolge der gestiegenen Kostenerstattungssätze – die daran gekoppelte prozentuale Berechnung des Kostenbeitrags mittlerweile zu einer erheblichen finanziellen Belastung der hiervon betroffenen Kursteilnehmenden geführt hat. Wir erlauben uns den Hinweis, dass die hier fixierte 50%-Regelung der Befürchtung Vorschub leistet, dass in Zukunft weitere Teilnehmergruppen vom Besuch eines Integrationskurses absehen werden.


g) Artikel 1, § 9, Absatz 3
Der Absatz 3 soll wie folgt gefasst werden:

„Anspruchsberechtigt hinsichtlich des Kostenbeitrags gemäß Abs. 1 ist das Bundesamt. Der dem Bundesamt zustehende Kostenbeitrag für einen Kursabschnitt ist an die Träger des Integrationskurses zum Beginn des Kursabschnitts zu entrichten. Kostenbeiträge nach Abs. 1 werden bei der Abrechnung des Kostenerstattungssatzes nach § 20 Abs. 6 durch das Bundesamt in Abzug gebracht.“


Der VDP erlaubt sich an dieser Stelle die Frage, warum eigentlich der Kostenbeitrag eines Teilnehmenden „bei der Abrechnung des Kostenerstattungssatzes nach § 20 Abs. 6 durch das Bundesamt in Abzug gebracht“ werden muss. Die nachvollziehbare Idee, eine bestimmte Gruppe an Teilnehmenden an den Kosten für den Integrationskurs zu beteiligen, zieht nicht zwangs-läufig die Notwendigkeit nach sich, die Einziehung des Kostenbeitrag in das Risiko des Kursträgers zu legen.


h) Artikel 1, § 9, Absatz 6, Satz 2: Kostenbeitragserstattung nach Kurserfolg


Der VDP begrüßt die verbesserten Bedingungen für Teilnehmende an Spezialkursen mit größerem Stundenumfang, wenn diese ihre erfolgreiche Teilnahme innerhalb von nunmehr drei (statt bisherigen zwei) Jahren nachweisen – solche (am Erfolg orientierten) verbesserten Rahmenbedingungen befördern vielfach das Engagement und die Motivation der Teilnehmenden.


i) Artikel 1, § 13, Absatz 2: Dauer des Orientierungskurses in Intensivkursen

Der VDP begrüßt ausdrücklich die Entscheidung, dass künftig der Orientierungskurs auch für die Teilnehmenden von Intensivkursen einen Umfang von 100 UE haben wird. Die Möglichkeit
auch für diese Zielgruppe, sich mit den bedeutenden Inhalten des Orientierungskurses in nun-mehr 100 UE vertiefter auseinandersetzen zu können, ist ein wichtiges integrationsförderndes Signal.

j) Artikel 1, § 14, Absatz 2: Zahl der Kursteilnehmenden

Der VDP begrüßt Rahmenbedingungen, die die Qualität der pädagogischen Arbeit unterstreichen und fördern helfen. Hierzu gehört u. a. auch eine pädagogisch sinnvolle Anzahl der Teil-nehmenden in einem Kurs. Diese könnte sinnvollerweise auch unter 20 Teilnehmenden liegen.


Der VDP kritisiert an dieser Stelle aber, dass bei der hier formulierten Soll-Vorgabe von 20 Teilnehmenden in Vergessenheit zu geraten scheint, dass bei vergangenen Diskussionen um einen angemessen(er)en Kostenerstattungssatz immer wieder auch das Argument aufgeführt wurde, gezielt auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten Kurse mit 25 Teilnehmen-den starten zu können.


Ein Kursstart mit 25 Teilnehmenden wird u. a. auch deshalb (nolens volens) gewählt, um Kursabbrüche (Umzug, Schwangerschaft u. a.) sowie die Tatsache, dass unentschuldigte Fehl-zeiten der Kursteilnehmenden nicht vom Bundesamt finanziert werden, kompensieren zu können.


Der VDP befürwortet eine pädagogisch sinnvolle geringere Teilnehmendenzahl bei gleichzeitig auskömmlicher Anhebung der Kostenerstattungssätze. Pädagogisch begrüßenswerte Bestrebungen (zum Wohle der Teilnehmenden und auch der Lehrkräfte) dürfen nicht gegen betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten ausgespielt werden.


k) Artikel 1, § 14, Absatz 3: Ausweitung der Möglichkeit von „Online-Kursen“

Der VDP begrüßt grundsätzlich Bestrebungen, die Digitalisierung weiter zu fördern. Das berührt sowohl Aspekte der Nachhaltigkeit, der Kostenersparnis und der Nutzung digitaler Mittel und Methoden zur Förderung der Unterrichtsqualität.
Gleichwohl bleibt – speziell in Kursarten mit niedrigem sprachlichen Einstiegsniveau – der Präsenzunterricht die prioritär einzusetzende Vermittlungsform – speziell auch mit Blick auf die Ausgangssituation vieler Teilnehmenden (Flucht u. a.) und das übergeordnete herausfordernde Ziel der Kurse: die Integration in die Gesellschaft.


Mit Blick auf die konsequent weiter zu fördernde Digitalisierung wiederholt der VDP seine Forderung eines „Digitalpakts Weiterbildung“, um – neben der sinnvollen Förderung durch den „Digitalpakt Schule“ – nun auch die Weiterbildungsträger in der angestrebten „Weiterbildungsrepublik Deutschland“ angemessen mit Infrastruktur und Endgeräten auszustatten. Im „Kleineren“ gehört zur Förderung der Digitalisierung auch eine künftige parallele Finanzierung digitaler Lehrmaterialien.
Die aktuell intensivierte Digitalisierung von Verwaltungsaufgaben im Bereich des Gesamtprogramms Sprache durch das Bundesamt begrüßt der VDP ausdrücklich.

l) Artikel 1, § 20, Absatz 1: Zulassungsdauer


Der VDP begrüßt, dass künftig bei der Entscheidung des Bundesamts über die Zulassungsdauer von Kursträgern auch zuvor erfolgte Verkürzungen der Zulassungsdauer aufgrund des Unterschreitens der vom Bundesamt festgelegten Vergütungsuntergrenze für Honorarkräfte berücksichtigt werden sollen.

Berlin, 29. November 2022
Verband Deutscher Privatschulverbände e. V.