Berliner Erklärung

Fünf Thesen zur Zukunft der Bildung in Deutschland

Bildung ist die Schlüsselressource des Standorts Deutschland. Bildung entscheidet über das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Niveau unserer Gesellschaft. Die Zukunft Deutschlands hängt somit entscheidend von der Leistungsfähigkeit unseres gesamten Bildungssystems ab. Vor diesem Hintergrund formuliert der Bundesverband Deutscher Privatschulen e.V. (VDP) folgende Thesen:

1. Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft Deutschlands

Bildungsinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft eines erfolgreichen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Deutschland, der verstärkt einem permanenten Wandel unterworfen sein wird. Die immer geringer werdende Halbwertzeit von Informationen und die zunehmende Globalisierung und Vernetzung führen zur Notwendigkeit, in Schule und Ausbildung neben Sachwissen vermehrt Kompetenzen zu erwerben, die es dem Einzelnen ermöglichen, sich neue Wissensbereiche zu erschließen. Nur so sind wir als Gesellschaft für die Herausforderungen der Zukunft gut vorbereitet. Für ein erfolgreiches Bildungssystem muss deshalb in alle Bildungsbereiche – von der frühkindlichen Bildung über Schule, berufliche und hochschulische Bildung bis hin zur Erwachsenenbildung – investiert werden. Es gilt, mit einem umfassenden und bedarfsgerechten Angebot ausreichende Bildungsanreize zu schaffen und so die Bereitschaft zur individuellen (Weiter-)Bildung zu steigern.

2. Bildung muss allgemein zugänglich sein

Bildung ist die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Partizipation und damit eine unerlässliche Bedingung  für eine aktive Bürgergesellschaft. Deshalb darf keiner zurückgelassen werden. In einem erfolgreichen Bildungssystem muss für alle Bürger Chancengleichheit bestehen. Gute Bildung darf keine Frage des Einkommens sein. Ziel muss es sein, alle Hürden abzubauen, die den Zugang zu Bildung verhindern können. Bildung muss für alle gesellschaftlichen Gruppierungen gleichermaßen zugänglich sein, unabhängig davon, ob es sich um Bildungseinrichtungen in staatlicher oder freier Trägerschaft handelt. Hierzu sind Finanzierungsmodelle nötig, die jedem Bürger die erfolgreiche Gestaltung seiner individuellen Lernbiographie ermöglichen.

3. Schulen brauchen Freiraum und Autonomie

Schulen brauchen Freiräume, um ihre Schüler gemäß ihrer individuellen Talente und Bedürfnisse fördern zu können. Internationale Bildungsstudien wie PISA haben gezeigt: Je eigenständiger eine Schule arbeiten kann, desto erfolgreicher ist der Lernprozess der Schüler. Aufgabengerechter Freiraum der Bildungseinrichtungen ist unabdingbare Voraussetzung für ein international wettbewerbfähiges Schulwesen. Ausschlaggebend für Qualität und Leistungsfähigkeit des Bildungswesens eines Landes ist nicht der organisatorische Gesamtaufbau seines Schulsystems. Denn die Qualität der Schule entscheidet sich nicht an strukturellen Fragen; wesentlich ist vielmehr die Möglichkeit, Lernprozesse zu individualisieren und zu differenzieren. Die Vielfalt der Schulprofile sollte dabei ein Spiegelbild unserer pluralistisch verfassten Demokratie sein. Hierzu brauchen Schulen ausreichend Spielraum, damit sie ihre unterschiedlichen pädagogischen oder weltanschaulichen Ansätze verwirklichen können.

4. Abschlussstandards und eine unabhängige Schulaufsicht sichern Qualität

Zur nachhaltigen Qualitätssicherung sind zentrale Zielvorgaben wichtig, die als Abschluss- oder Mindeststandards verlässliche Aussagen über vermittelte Kompetenzen liefern können. Diese Standards sind durch eine unabhängige Schulaufsicht unter der Beteiligung gesellschaftlich relevanter Gruppen zu formulieren. Damit wird ein dringend benötigter Perspektivenwechsel eingeläutet: Statt unterschiedliche Bildungswege nach ihrer Gleichartigkeit zu beurteilen, entscheidet fortan die Gleichwertigkeit der Bildungsangebote. Mehr Freiheit und Autonomie in der Ausgestaltung des Lehr- und Lernalltags in den Schulen sind die Folge. Dies führt zu einem positiven Wettbewerb (bei gleichen Rahmenbedingungen) zwischen den Schulen und trägt damit zu mehr Qualität im Bildungswesen bei.

5. Lebenslanges Lernen sichert die individuelle Beschäftigungsfähigkeit

Vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs ist der Wissensstandort Deutschland zunehmend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen und lebt von der Bereitschaft des Einzelnen, in jeder Lebensphase neue Kompetenzen zu erwerben und seine Persönlichkeit zu entfalten. Eine permanente Anpassung und Weiterentwicklung der Lernbiographie garantiert eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit. Eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie muss darüber hinaus auch eine Mobilisierung der einkommensschwächeren und bildungsferneren Teile der Gesellschaft leisten. Um diese Bevölkerungsgruppen zu erreichen, bedarf es einer umfassenden und transparenten Bildungsberatung.

Im Sinne eines zukunftsfähigen Bildungssystems tritt der VDP deshalb dafür ein, einen diskriminierungsfreien, pluralen und liberalen Bildungsraum zu organisieren, der den Erhalt und die Förderung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit ermöglicht. Wir fordern ein gleichberechtigtes Nebeneinander von staatlichen, kommunalen und freien Bildungsträgern, um die individuelle Förderung der Menschen zu gut ausgebildeten und sozial kompetenten Mitgliedern unserer Gesellschaft garantieren zu können.

Berlin, 2008