Stellungnahme zum Referentenentwurf des Leistungsrechtsanpassungsgesetzes

Vorbemerkung  

Der Verband Deutscher Privatschulverbände (VDP) ist der bundesweit größte Zusammenschluss freier Bildungseinrichtungen. Unsere Mitgliedseinrichtungen engagieren sich seit Jahren in zentralen Bereichen der arbeitsmarktbezogenen Integration, darunter Berufsvorbereitung, qualifizierende Weiterbildung, Sprachkurse, Schulabschlüsse für Zugewanderte sowie arbeitsmarktintegrierende Maßnahmen nach dem SGB II. Als bundesweit tätiger Akteur mit direkter Anbindung an Maßnahme-Träger, Bildungseinrichtungen und Behörden zur Arbeitsmarktintegration beobachten wir mit großer Aufmerksamkeit die gesetzlichen Veränderungen, die integrationsrelevante Zugangsmöglichkeiten betreffen. 

Vor diesem Hintergrund nehmen wir zum geplanten Rechtskreiswechsel ukrainischer Geflüchteter Stellung, wie er im Entwurf des Leistungsrechtsanpassungsgesetzes formuliert ist. 

Bewertung 

1. Politischer Kurswechsel ohne Lageänderung 

Die bis dato geltende Entscheidung, ukrainische Geflüchtete frühzeitig in das SGB II-System zu integrieren und dadurch gezielt mit arbeitsmarktbezogenen Leistungen zu fördern, wird zurückgenommen. Dies geschieht, obwohl sich die politische und humanitäre Lage in der Ukraine nicht substanziell verändert hat. 

2. Integrationslücke bei Neuzugängen 

Während bereits bewilligte Eingliederungsleistungen nach § 66b SGB II überführt und fortgesetzt werden können, bleibt offen, wie Neuzugänge nach dem 1. April 2025 Zugang zu Sprachkursen, Qualifizierungsangeboten und Arbeitsvermittlung erhalten sollen. Auch die Frage, wie mit Fällen umzugehen ist, bei denen Anträge auf arbeitsmarktbezogene Leistungen noch nicht abschließend bewilligt wurden, stellt sich hier deutlich. Durch den potentiellen Wegfall der Zuständigkeit der Jobcenter entfällt ein zentraler Akteur der Arbeitsmarktintegration. Dies birgt die Gefahr einer Verlangsamung und Fragmentierung des Integrationsprozesses. 

3. Kapazitäts- statt Integrationslogik 

Die Begründung des Entwurfs verweist v.a. auf organisatorische Gesichtspunkte (Entlastung der Jobcenter). Dabei bleibt unklar, wie die Integrationsinfrastruktur im AsylbLG-Bereich den bestehenden Bedarf decken soll. 

4. Kosten- und Steuerungseffekte bleiben fraglich 

Der erwartete fiskalische Effekt wird im Entwurf mit einem nahezu ausgeglichenen Saldo beziffert: Für das Jahr 2026 werden zwar Minderausgaben in Höhe von rund 1,32 Mrd. Euro für Bürgergeld, Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt kalkuliert – gleichzeitig entstehen jedoch Mehrausgaben von rund 1,375 Mrd. Euro im Asylbewerberleistungsgesetz. Das gesetzgeberische Ziel der Ressourcenersparnis wird damit nicht erreicht. 

Empfehlung 

Die arbeitsmarktpolitischen Zugangsmöglichkeiten für ukrainische Geflüchtete, die nach dem 1. April 2025 einreisen, oder deren Anträge auf Leistungen noch nicht abschließend bewilligt wurden, müssen gesetzlich oder durch Verordnung dauerhaft sichergestellt werden. Die bisherigen Instrumente des SGB II dürfen nicht ersatzlos entfallen. Es braucht verbindliche Strukturen, die sicherstellen, dass auch künftig der Zugang zu Sprachkursen, Qualifizierungsangeboten und Arbeitsvermittlung gewährleistet bleibt. 

Kooperationen zwischen den AsylbLG-Leistungsträgern, den Jobcentern sowie der Bundesagentur für Arbeit sind hierfür klar zu regeln und verpflichtend auszugestalten. Nur so kann eine umfassende und kontinuierliche arbeitsmarktbezogene Unterstützung für alle Geflüchteten garantiert werden. 

Fazit 

Der Rechtskreiswechsel ist eine bewusste politische Entscheidung. Die mit dem Wechsel verbundene Herauslösung aus der SGB-II-Förderlogik darf jedoch nicht zu einem faktischen Rückbau arbeitsmarktbezogener Unterstützungsstrukturen führen. Eine verlässliche, zügige und praxisnahe Integrationsperspektive bleibt auch für zukünftige Geflüchtete aus der Ukraine entscheidend – sowohl aus gesellschaftlicher als auch arbeitsmarktstrategischer Sicht. Vor dem Hintergrund einer nur marginalen fiskalischen Wirkung und zusätzlichen bürokratischen Hürden erscheint der eingeschlagene Weg integrationspolitisch nicht überzeugend. 

 

Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.

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