Stellungnahme des VDP zum RefE eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104c, 104d, 125c)

Vorbemerkungen

Rund 11 Prozent aller allgemeinbildenden Schulen und 25 Prozent aller berufsbildenden Schulen sind in Deutschland Schulen in freier Trägerschaft. Von den rund 10,8 Millionen Schülerinnen und Schüler besucht jede/r Elfte (rund 982.000) eine Schule in freier Trägerschaft. Der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) vertritt bundesweit über 2.000 Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft der Allgemein- und Berufsbildung sowie der Weiterbildung und Erwachsenenbildung. Als Dachverband von zehn selbständigen Landesverbänden übernimmt der VDP die Interessenvertretung seiner Mitglieder auf Bundesebene. In dieser Aufgabe begrüßt der VDP grundsätzlich die Zielsetzung des Gesetzgebers, die grundgesetzliche Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Bund und Länder gemeinsam die Bildungsinfrastruktur verbessern und mit einer Investitionsoffensive voranbringen. Investitionen in die Bildungsinfrastruktur, in den Einsatz digitaler Medien im Unterricht und in die Schaffung eines bedarfsgerechten Ganztagsschulangebotes sind die bildungspolitischen Handlungsfelder der Gegenwart. Ausbleibende Bildungsinvestitionen gefährden den Bildungserfolg in Deutschland und folgerichtig unterstützt der VDP das Vorhaben des Bundes hier den Weg zu ebnen.

Der VDP gibt folgende Stellungnahme und Anregungen zum RefE der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes ab, wobei sich im Folgenden auf den für Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft relevanten Änderungsvorschlag für den Art. 104c GG beschränkt wird.

Zu der geplanten Änderung im Konkreten:

Laut vorliegendem RefE der Bundesregierung wird die künftige Formulierung des Art. 104c GG wie folgt lauten:

„Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren.“

  1. Streichung „finanzschwach“: Der VDP begrüßt, dass mit dem Wegfall der Begrenzung auf „finanzschwache Kommunen“ die Beschränkung der Finanzhilfekompetenz des Bundes zur Förderung von Bildungsinvestitionen aufgehoben wird. In Anbetracht der bundesweit steigenden Anforderungen und angesichts des hohen Investitionsbedarfs ist dies erforderlich.
  • Nach Einschätzung des VDP bedarf die Formulierung „kommunale Bildungsinfrastruktur“ infolge der Streichung des Begriffs „finanzschwach“ einer genauen Betrachtung und Abschätzung der rechtlichen Folgen, u.a. für Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft.
  • Der VDP empfiehlt, das Wort „kommunalen“ in Art. 104c GG i.d.F. des RefE zu streichen. Das Wort könnte zu der Fehlannahme verleiten, dass die Finanzmittel des Bundes nur für (gesamtstaatlich bedeutsame) Investitionen in Bildungseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft verwendet werden dürfen. Jedoch müssen die Finanzmittel des Bundes auch für Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft, insbesondere für private Ersatzschulen, verwendet werden. Bildungseinrichtungen in privater Trägerschaft stehen weder im Eigentum der Kommunen noch obliegt ihre Finanzierung den Kommunen; vielmehr ist dies nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes Sache der Länder. Aus diesem Grund ist die Formulierung „im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur“ in hohem Maße irreführend. Sie lässt offen, ob die Finanzmittel des Bundes auch zur Finanzierung von privaten Bildungseinrichtungen wie Schulen in freier Trägerschaft verwendet werden dürfen. Dies ist erkennbar das Ziel des verfassungsändernden Gesetzgebers, wie sich aus Seite 7 des RefE der Bundesregierung ergibt. Hier wird ausgeführt, dass der Begriff der „kommunalen Bildungsinfrastruktur“ neben den allgemein- und berufsbildenden Schulen sowie Kindertageseinrichtungen, die einen öffentlichen Bildungsauftrag auf kommunaler Ebene wahrnehmen, Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft umfasst, soweit sie die öffentlichen Einrichtungen der kommunalen Bildungsinfrastruktur ersetzen (insbesondere Ersatzschulen).

Dieser Wille kommt aber in dem Wortlaut des Art. 104c GG i.d.F. des RefE nicht zum Ausdruck, was Anlass für Missverständnisse sein kann.

  • Dass der verfassungsändernde Gesetzgeber die Finanzmittel des Bundes auch zur Finanzierung von privaten Bildungseinrichtungen wie Schulen in freier Trägerschaft verwendet wissen will (s. Seite 7 des RefE der Bundesregierung), ist verfassungsrechtlich Ausdruck des Artikels 7 Abs. 4 GG, der den Staat verpflichtet, private Ersatzschulen in gleichem Maße wie staatliche Schulen zu fördern. Um dieser verfassungsrechtlichen Finanzhilfepflicht des Staates zugunsten privater Ersatzschulen sowie dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers Rechnung zu tragen, ist es erforderlich, im Normtext des Art. 104c GG i.d.F. des RefE klar zum Ausdruck zu bringen, dass die Finanzhilfen des Bundes nicht nur für Bildungseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft, sondern auch für Bildungseinrichtungen in privater Trägerschaft wie namentlich Ersatzschulen verwendet werden dürfen und müssen. Das Wort „kommunalen“ ist daher zu streichen.
  • Dem folgend schlägt der VDP folgende Änderung und Formulierung vor:
  1. Der Bund kann den Ländern Finanzhilfe für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur, einschließlich der Ersatzschulen, gewähren.“

                        Alternativ:

  • „Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren.“

c.)   Ergänzung der Gesetzesbegründung:

Zu A. Problem und Ziel

(….) Diese Regelung greift jedoch dort zu kurz, wenn Länder und Kommunen bundesweit und unabhängig von einer kommunalen Finanzschwäche mit ihren Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur vor besonderen Herausforderungen stehen, die auch von finanz- und strukturstarken Kommunen nicht in der gebotenen Zeit alleine zu bewältigen sind. Dies gilt auch für die Förderung von Ersatzschulen, da die bisherige Anforderung „finanzschwache Kommune“ in keinem Zusammenhang mit der Finanzkraft, der Bedürftigkeit oder Dringlichkeit des Vorhabens einer Ersatzschule steht. (…)

Zu Artikel 1 (Änderung des Grundgesetzes)

Zu Nummer 1

Mit der Änderung in Artikel 104c Satz 1 GG wird die Beschränkung der Finanzhilfekompetenz des Bundes zur Förderung von Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur nur in finanzschwachen Kommunen aufgehoben. Der Bund kann daher künftig den Ländern, unabhängig von der Finanzsituation der Kommunen, Finanzhilfen für Investitionen von Ländern und Kommunen in die kommunale Bildungsinfrastruktur gewähren. Der Begriff der kommunalen Bildungsinfrastruktur umfasst die bildungsbezogenen Einrichtungen der kommunalen Ebene. Dies sind allgemein- und berufsbildende Schulen sowie Kinderbetreuungseinrichtungen, die einen öffentlichen Bildungsauftrag auf kommunaler Ebene wahrnehmen, einschließlich derer in freier Trägerschaft, soweit sie die öffentlichen Einrichtungen der kommunalen Bildungsinfrastruktur ersetzen (insbesondere Ersatzschulen). Die Änderung gewährleistet unmittelbaren, direkten Einsatz der Finanzhilfen durch die Länder an Ersatzschulen, entsprechend deren Schüleranteil im Land. (…)

Für den Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.

gez. Dietmar Schlömp, Bundesgeschäftsführer

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